Sonntag, 31. Oktober 2021

Künstlerkleeblatt

"Der bekannte Musiker und Komponist Fried E. Koch ist zum Königl. Professor ernannt worden. Er ist der jüngere Bruder der geschätzten Maler Prof. Max Koch und Prof. Georg Koch, so daß nunmehr das gesammte brüderliche Künstlerkleeblatt den Professorentitel führt."

Kurznachricht in: Norddeutsche allgemeine Zeitung, 40. Jg., Nr. 273, 21.11.1900, S. 9.

Freitag, 29. Oktober 2021

Das Panorama von Konstantinopel - Bericht von einer ersten Besichtigung noch vor der Fertigstellung

Noch immer ist mir keine Fotografie oder grafische Darstellung bekannt, die das Halb-Panorama von Konstantinopel oder Ausschnitte davon zeigt. Hier dafür ein Zeitungsartikel, der die bisher genaueste Beschreibung enthält:  

   "Das Panorama, welches im Olympiatempel des Ausstellungsparkes von Prof. Max Koch gemalt wird, geht rüstig seiner Vollendung entgegen, so daß jene „Ankunft des deutschen Kaiserpaares in Konstantinopel“ wohl das erste Kunstwerk sein wird, welches die Besucher des Jahres 1891 im Ausstellungspark bewundern. Trotz der eisigen Temperatur dieses Winters hat Meister Koch – dem die Reichshauptstadt schon so manche treffliche Monumentalmalerei verdankt – mit seinen Gehülfen, zu denen in erster Linie der Vater des Künstlers C. Koch und der gleichfalls zur Familie gehörige Marinemaler H. Bohrdt gehören, das gewaltige Rundbild in seinen Hauptzügen so weit vollendet, daß der Blick, welchen uns vergönnt war auf das Werk zu thun, schon den vollen überraschenden Eindruck hervorbrachte, welchen das unvergleichliche Panorama der Stadt am goldenen Horn dem Orientreisenden seit Jahrhunderten bietet. Der lichte Glanz jenes schönen Novembermorgens des Jahres 1889 ruht auf Meer und Küste; Felsen, Wasser, Häuser, Paläste. Gärten, Moscheen – Alles erscheint in einer Beleuchtung von durchsichtiger Klarheit. Der Farbenzauber, welchen Lust und Licht um jenes Gestade webt, wird durch Tausende von festlich, geschmückten Booten und Schiffen, deren Mittel- / Punkt das Geschwader des deutschen Kaiserpaares bildet, zu wahrhaft überraschender Wirkung gesteigert.
   Als Standpunkt des Beschauers ist jenes nahe dem asiatischen Ufer liegende Inselchen Damalis angenommen, welches den weißen Leander-Thurm trägt, den die Türken Kys-Kulesi (Mädchenthurm) nennen und der jetzt als Signal- und Leuchtthurm dient. Die blaue Fluth des Bosporus beherrscht den Vordergrund, nach Westen hin öffnet sich der Blick auf die Rhede des Goldenen Horns, im Süden bilden die Wellen des Marmarameeres den Abschluß der herrlichen Rundschau: im Nordosten übernimmt Skutari mit seinen Villen und amphitheatralisch aufsteigenden Gärten die Begrenzung. Wendet man den Blick nach links, so umfaßt das Auge Stambul mit seinen zahlreichen prächtigen Bauten, unter denen der gewaltige Serai und die Agia-Sophia mit ihrer mächtigen Kuppel vor allen hervorragen; aber die Künstler haben sich nicht mit der flüchtigen Skizzirung all der Gebäude begnügt, welche in ihrer Gesammtheit das breit hingelagerte Konstantinopel – „die Weltmutter“', wie sie der Mund orientalischer Dichter nennt – bilden, sondern jegliche größere Baulichkeit, welche entweder für das Stadtbild charakteristisch ist oder historische Bedeutung besitzt, ist in dem neuen Panorama gewissenhaft wiedergegeben und zwar so genau, daß die meisten derselben mit unbewaffnetem Auge, alle aber mit Hülfe des Glases zu erkennen sind. Zwischen zahlreichen Booten und Schiffen hindurch schimmert die Sultan Valide- Brücke, welche Stambul mit Galata verbindet. Hinter dem runden Thurm von Galata, dem Gebäude der Douane und der Moschee steigen die Straßenzüge von Pera empor; von dem Grün seiner Friedhöfe heben sich die Hotels der verschiedenen Botschaften deutlich ab; weiterhin wird etwas isolirt liegend das große schlichte Haus des deutschen Botschafters vor einem Hain mächtiger Zypressen sichtbar. Die Kanonengießerei von Tophane mit der nahen, durch ihre hohen schlanken Minarehs besonders malerisch wirkenden Moschee des Sultans Mahmud fesselt, hart am Meeresufer gelegen, den Blick, der weiterschweifend das Volksgewimmel, welches der Festtag gebracht, in all' den Straßen sieht, die am Bosporus entlang sich bis zu den Marmorpalästen von Dolmabagtsche erstrecken, dessen Räume das deutsche Kaiserpaar in jenen Tagen beherbergten. Hier auf dem Bilde ist vor der Front des Palastes jener goldschimmernde Pavillon errichtet, in welchem die Begrüßung der hohen Gäste durch den Sultan stattfand, und zu beiden Seiten des Schlosses bilden Militair, Behörden ec. das festliche Spalier. Jedoch das Landschaftsbild schließt mit diesem schimmernden Palaste nicht ab, bewaldete Thäler und Hügel ziehen sich oberhalb der Vorstadt Beschiktasch hin, welche an den Palast von Tschiraghan grenzt; der große Park des Sultans liegt unmittelbar hinter diesem herrlichen, wie hermetisch geschlossenen Bauwerk. Zwischen den Baumwipfeln des Parks schimmert Jildis- Kiöschk – die Residenz des jetzigen Sultans – hervor; all' diese hellen, von dunklem Grün umgebenen Gebäude gehören zu Jildis-Kiöschk, welches bekanntlich einen großen, von Mauern umgebenen Komplex von Gärten und Häusern bildet.
   Wenden wir den Blick nun von der märchenhaften Pracht des Stadtbildes hin zu der bedeutsamen Staffage des Mittel- und Vorgrundes, so nimmt vor Allem der Panzer „Kaiser“ die Aufmerksamkeit in Anspruch. Seine Masten sind mit der kaiserlichen, der türkischen und der deutschen Flagge geschmückt, denn dieses stattliche Fahrzeug trägt das Deutsche Kaiserpaar, ihm folgen die „Hohenzollern“, sowie die Passagierschiffe „Danzig“ und „Austria“; die drei türkischen Panzer, welche den Kaiser bei St. Stefano im Marmarameer empfingen und ihn zum Bosporus geleiteten, sind etwas zurückgeblieben, denn rings um das Kaiserschiff drängen sich so viele Tausende von Dampfern und Booten, welche festlich gekleidete grüßende Menschen tragen, daß das Wasser fast zum festen Land geworden ist. Eine Regelung des Verkehrs zu Wasser, irgend eine von der Obrigkeit gezogene Schranke war bekanntlich an jenem Einzugstage unmöglich; der Deutsche Kaiser selbst konnte, als er seine Gemahlin von der „Hohenzollern“ holte, mit seinem Boote nur langsam zwischen all den Vehikeln dieser unvergleichlichen Wasserstraße hindurchsteuern. – Die orientalisch glänzende, farbenfrohe Festfreude, der überströmende Jubel der Bewillkommnung, welche dem Deutschen Kaiserpaare an jenem Novembertage entgegengebracht wurden, der wunderbare, allen Augenzeugen märchenhaft erscheinende Anblick dieser vom lichten Himmel überwölbten, von blauer Fluth umspülten Hauptstadt des Türkenreiches – kommen in diesem Rundbilde zur lebenvollsten, fesselnden Erscheinung. – Wir sind überzeugt, daß, wenn dies Werk in seiner Vollendung hält, was die Anlage verspricht, dies Konstantinopel für Prof. Max Koch ein neues Ruhmesblatt und für Berlin ein ganz besonders geschätztes Panorama sein wird."

Anonym (v.?), "Aus Berlin", in: Norddeutsche Allgemeine Zeitung, 30. Jg., Nr. 81, 18.02.1891, Morgen-Ausgabe, S. 5.