Dienstag, 20. Oktober 2015

Blumenstücke von Professor Koch

Ausstellung im Kunstverein.

   Es ist eine Freude, nach so kurzer Frist wiederum einer reichhaltigen Kollektion von Werken Max Kochs – bei Heidkamp in der Schwertfegerstraße – zu begegnen. Die Ausstellung im vergangenen Jahr zeigte in der Hauptsache die etwas dunkeltönigen Stadtbilder und Innenräume, die jetzige ist auf eine ganz heitere Note gestimmt: Blumenstücke.
   Dieses Mal kommt Professor Koch ganz unakademisch (des Akademischen sieht man genug beim Aufgang zur Ausstellung, den Heidkamp in einen Brennspiegel aller berühmten Galerien Europas umgewandelt hat). D. h. akademisch trocken war er nie, aber manchmal lag in der Art seines Malens doch die Bewußtheit einer Könnerschaft, die über die Bilder einen Hauch des Gravitätischen legte. Nicht immer, natürlich, aber vielleicht gerade dann, wenn man es des Objektes und der Stimmung wegen besonders bedauerte.
   Die Blumen mit ihren entzückenden Formen und Farben haben Professor Koch in eine Atmosphäre des Leichtbeschwingten, Tänzerischen erhoben. Eine alte Verwandtschaft verbindet ihn mit dem Gegenstand seiner Wahl. Des Künstlers Vater hatte sich ein nur Eingeweihten bekanntes Zeichenalbum der Blumen angelegt. Der Sohn ließ pietätvolles Studium zur Tat werden, und so bietet er jetzt in seinen Oelbildern großen und kleinen Formats eine Fortsetzung und Ergänzung der väterlichen Arbeit.
   Manchmal ist es, als wolle der Pinsel die Arbeit des Zeichnens vollenden. Gelbe Heliumblüten sind zeichnerisch aufgefaßt, in einer Dahlienkomposition sind Linien hineinkomponiert, die Anklänge zeichnerischen Denkens sind. Daneben gibt es wundervolle, malerisch-farbige Lösungen. Im großen Zimmer hängt – links am Kamin – ein gar nicht umfangreiches Bild „Studentenblumen“. Die Verteilung dieser gelben Farbflecken ist von höchstem kompositorischen Reiz, die Ballung und das graziöse Zerstreuen der Blütenkelche schafft geradezu Bewegungsmomente, die das „tote“ Blumenstück unerhört beleben. Nicht geringer ist die Wirkung zartvioletter Cosmeeit in einem einfachen Wasserglas. In diesen Blüten steckt ein Rhythmus, der sich nur der tänzerischen Beseelung abstrakter Begriffe vergleichen läßt. Diese gemalten Blumen strömen eine Vitalität aus, die den Beschauer mit ihrem lebendigen Hauche ergreift.
   Eine malerisch glänzend durchgeführte Leistung bedeutet ein Strauß von Phloxen im kleinen Zimmer. Dieses Bild ist mit reifster Künstlerschaft in einem Sitz heruntergemalt, es ist farbig und plastisch meisterhaft. Meisterhaft wie der gegenüber hängende „Flieder“. In diesen beiden Bildern hat sich die liebliche Lyrik der kleinen Bilder zur wuchtigen Ballade gewandelt.

Hd., "Blumenstücke von Professor Koch", in: Potsdamer Tageszeitung, 21.01.1925, (nach einem Zeitungsausschnitt in einer Privatsammlung, ohne Seitenangabe). Wiederabdruck mit unwesentlichen kleinen Veränderungen in: Berliner Börsen-Zeitung, Morgenausgabe, 28.01.1925, S. 4.

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