Mittwoch, 22. März 2017

Nationalgalerie in Berlin - Cornelius-Säle

"Die renovirten Cornelius-Säle der National-Galerie werden nach Fertigstellung der Max Koch'schen Gemälde Ende dieses oder Anfang nächsten Monats durch eine Cornelius-Gedächtnißfeier für das Publikum wieder eröffnet werden. Die Festrede wird der Geh. Regierungsrath Director Jordan halten. Im Anschluß hieran wird der „Verein der Berliner Künstler" in seinen Räumen durch eine Festfeier das Andenken des großen Meisters ehren."
Anonyme Mitteilung in: Berliner Börsen-Zeitung, Nr. 524, 8. November 1883, Morgen-Ausgabe,
1. Beilage, S. 5

"Der erste Corneliussaal in der National-Galerie zu Berlin ist am Sonntag, am hundertsten Geburtstage des Meisters, in einer völlig veränderten Decoration dem Publikum wieder eröffnet worden. Schon bei der Eröffnung der Sammlung war es dem Director derselben, Geheimrath Dr. Jordan, klar geworden, daß die von dem Erbauer des Gebäudes beliebte Bemalung der Wände der beiden Corneliussäle mit einem kalten, stumpfen Grau die Wirkung der Cartons auf das Empfindlichste beeinträchtigt und in der That hat diese Decoration nicht wenig dazu beigetragen, daß auch die geistige Einwirkung der Cartons, die man sich auf Künstler und Publikum versprochen hatte, aus blieb. Erst nach Strack´s Tod konnte Director Jordan den Gedanken, einen wärmeren und farbigeren Hintergrund für die farblosen Cartons zu schaffen, weiter verfolgen, und das hundertjährige Jubiläum des Meisters gab ihm die erwünschte Gelegenheit, seinen Gedanken zur Ausführung zu bringen. Wer vorgestern den Saal betrat, der sah mit freudigem Staunen, daß derselbe seine frühere, unerträglich frostige Physiognomie völlig verändert hat. Das Grau der Wände ist verschwunden und durch einen warmen rothbraunen Ton ersetzt worden. Auf die rothbraunen Wandflächen hat man mit schwarzer Farbe ein elegantes, vornehm und ruhig wirkendes Arabeskenmuster aufschablonirt. Es ist dasselbe, welches Cornelius für den Saal der Casa Bartholdy in Rom erfunden hat, in welchem er, Overbeck, Veit und Schadow den Freskencyklus aus der Geschichte Joseph´s, das erste monumentale Werk der neueren Deutschen Kunst ausgeführt haben. Die Sockelpaneele haben einen holzbraunen Anstrich erhalten, und Barrièren von Broncestäben sind vor den Cartons errichtet worden, um eine allzu grobe Annäherung des Publikums zu verhindern. Die Rahmen, welche die Cartons umgeben, sind in der Färbung ebenfalls lebhafter geworden. Auf die mittlere Kehle der äußeren Leiste, auf welcher Lorbeerblätter in matter Goldfarbe auf grauem Grunde aufgemalt waren, sind diese Lorbeerblätter jetzt in Relief auf schwarzem Grunde aufgetragen worden. Ebenso sind die Capitäle, in welche die Zwickel der Deckenwölbung auslaufen, die Capitäle der Säulenstellungen, durch welche das oberste Stockwerk gegen den Corneliussaal geöffnet wird, und die Simse der Giebelfrontons vergoldet, die Säulen selbst schwarzblau marmorirt worden. Durch diese gründliche Umstimmung aller Farbentöne haben die Cartons endlich eine Folie erhalten, welche ihren Genuß erheblich fördert. Und zur Förderung des Genusses dient, nach der „Post“, auch die Einrichtung zweier umfangreicher Rundsitze in jeder Hälfte des Saales. Das Oval über den hohen Lehnen ist mit einem Arrangement lebender Blattpflanzen ausgefüllt worden, deren sattes Grün dem Auge ungemein wohlthut. Damit ist ein erster bedeutsamer Schritt gethan worden, auch in unsere Museumssäle jenen Comfort hineinzubringen, welcher aus unseren Kunstausstellungen, am meisten aus der jetzigen internationalen in München, die lebhafteste Anerkennung des Publikums gefunden hat und der als ein Mittel erkannt worden ist, den Kunstgenuß zu erleichtern und zu unterstützen. Auch der zweite Corneliussaal soll nach ähnlichen Grundsätzen neu decorirt werden. Die Eröffnung desselben soll zur Corneliusfeier erfolgen, welche von der Akademie der Künste in der zweiten Hälfte des Octobers veranstaltet werden wird.
Anonyme Mitteilung in der Rubrik „Kunst, Wissenschaft und Literatur“ in: Hamburger Nachrichten,
Nr. 228, 26. September 1883, Morgen-Ausgabe, S. 2.

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