Mittwoch, 6. Dezember 2017

Meisterbrief der Handwerkskammer zu Berlin


Meisterbrief der Handwerkskammer zu Berlin, 1902, mehrfarbige Mischdrucktechnik, im Druck signiert, Blatt 46,5 × 58,3 cm, Motiv 38,5 × 49,3 cm. Außerhalb der Darstellung links unten die Angabe der Druckerei "Bollfrass & Apel, Berlin C." Innerhalb der Darstellung links unten wahrscheinlich die Signatur des Lithografen "R. D...[unleserlich]". Druck des Hintergrundes in Creme und der Zeichnung in Schwarz, die Wappentiere sind zusätzlich mit Rot gefüllt und die Ordenskette und Krone beim Reichsadler durch weiße Füllung gehöht. Das Motto oben (Arbeit ist des Bürgers Zierde, Segen ist der Mühe Preis !), der Hintergrund des Reichsadlers, die Überschrift "Meister=Brief" und weitere Buchstaben sind in glänzendem Gold gefüllt, wobei der Hintergrund des Reichsadlers und die Überschrift zusätzlich einen gekörnten Prägedruck erfahren haben.
Der Meisterbrief in dieser Form wurde, dem bisher ältesten bekannten Exemplar zufolge, ab August 1902 ausgestellt. Verwendet wurde er über dreißig Jahre lang, zumindest bis März 1934, wobei nach dem Ende des Kaiserreichs die Zeichnung überarbeitet und vor allem der zentrale Reichsadler durch eine Darstellung des Gebäudes der Handwerkskammer ersetzt wurde.
Die Abbildung oben zeigt ein Original aus dem Besitz des Autors. Dieser Meisterbrief wurde für "Fräulein Erna Stedtnitz" 1912 ausgestellt. Er ist damit auch ein frühes Zeugnis für den sich verändernden "Ort der Frau" in der beruflichen Gesellschaft zu Beginn des 20. Jahrhunderts, denn der Vordruck sah weibliche Handwerksmeisterinnen gar nicht vor. Es wurde der vorgedruckte "Herr" zwar gestrichen, aber dann blieb doch noch im weiteren Text "seine Befähigung" und "demselben" stehen. Der vollständige Text lautet: "Nachdem Herr Fräulein Erna Stedtnitz aus Charlottenburg Kreis Charlottenburg geboren den 16 ten December 1890 zu Stettin Kreis Stettin vor der unterzeichneten Prüfungs-Kommission am 9 u 10 ten September 1912 seine Befähigung als Meister des Schneider- Handwerks nach den bestehenden Prüfungsvorschriften gemäß § 133 der Gewerbeordnung dargethan hat, ist demselben zum Ausweis darüber dieses Zeugnis ertheilt worden. Berlin den 10 ten September 1912. Die Meisterprüfungs-Kommission für das Schneider Handwerk zu Berlin. im Bezirk der Handwerksmanner zu Berlin. [Unterschriften des Vorsitzenden und seiner vier Beisitzer, Stempel der Handwerkskammer]".
Motivisch geht der Meisterbrief auf das Mosaik zur Weltausstellung 1900 in Paris zurück. Auch hier wachsen links und rechts zwei Eichen empor und bilden ein dichtes Blätterdach. Die beiden Bäume sind mit den Wappen von Berlin und Brandenburg konnotiert. Die Darstellungen eines Schmieds und eines begutachtenden Auftraggebers rahmen den zentralen Text. Unten sind drei kleinere Darstellungen von Architekturen zu sehen: In der Mitte das Reichstagsgebäude mit dem Brandenburger Tor, links eine Darstellung von Potsdam mit einem Segelschiff auf der Havel, der Heilig-Geist-Kirche und der Kuppel der Nikolaikirche im Hintergrund,  und recht eine bisher noch nicht identifizierte Klosterkirche. (Ich bitte um Mitteilung, wenn jemand das Gebäude eindeutig identifizieren kann.)

Detail aus dem Meisterbrief:  Reichsadler mit dem geprägten und dem glänzenden Goldgrund.

Detail aus dem Meisterbrief: Reichstagsgebäude mit Brandenburger Tor.

Detail aus dem Meisterbrief: Havel bei Potsdam mit Heilig-Geist-Kirche

Detail aus dem Meisterbrief: unbekannte Klosterkirche

Meisterbrief von 1934 mit der Darstellung des Gebäudes der Handwerkskammer in Berlin.

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