Donnerstag, 3. September 2015

Deckengemälde - Buchhändlerhaus in Leipzig

Der Große Saal im neuen Deutschen Buchhändlerhause zu Leipzig, Farbholzstich nach einer Originalzeichnung von Bruno Heinrich Straßberger.

   „Im Innern des Gebäudes ist es vor allen andern Räumen der große Saal, dessen künstlerische Gestaltung die Aufmerksamkeit des Besuchers fesselt. Wie der Durchschnitt; auf S. 265 zeigt, ist derselbe mit einem mächtigen flachbogigen Gewölbe überspannt, in welches die Stichkappen über den 6 großen Fenstern der Längsseiten einschneiden. Zwei kräftige Gurte zwischen diesen Fenstern, von denen die beiden Gaskronen herab hängen, zerlegen es in 3 Abtheilungen, von denen jede mit einem farbenreichen Gemälde von Max Koch in Berlin (allegorische Darstellungen des Kampfes der Menschheit, der Weltgeschichte als Erzählerin dieser Kämpfe und des Buchhandels als Vermittler der Geschichte) geschmückt ist. Zwei umfangreiche Wandgemälde sollen in den Schildflächen der Bogennischen an den Schmalseiten Platz finden, während den Fenstern der Schmuck farbiger Glasbilder zugedacht ist. Vorläufig ist nur das dem Haupteingange gegenüber liegende Fenster mit einem schönen von Hermann Schaper in Hannover entworfenen, durch Adolf Schulze in Leipzig ausgeführten Gemälde versehen worden. Dasselbe, eine Stiftung der Firma Carl Fleischer in Leipzig, zeigt in weiblichen Gestalten Leipzig als Mittelpunkt, ihr zur Seite Berlin und Stuttgart als die nächst wichtigen Vertreter des deutschen Buchhandels, zu ihren Füßen als glänzende Vertreter derselben in älterer Zeit Wien und Frankfurt a. M. In den anderen Fenstern haben, gleichfalls als Stiftungen deutscher Buchhändler, vorläufig nur die im oberen Bogenfeld angebrachten, von Max Koch in Berlin gezeichneten Wappen verschiedener Städte Platz gefunden, während die unteren Flächen mit Grisaille-Malerei gefüllt werden; es ist jedoch wohl nicht zweifelhaft, dass im Laufe der Zeit auch sie eines reicheren bildlichen Schmucks werden theilhaftig werden.“
F.: "Das deutsche Buchhändlerhaus in Leipzig", in: Deutsche Bauzeitung, 22. Jg., Nr. 44, 2. Juni 1888, S. 261-264, Zitat S. 263.

   „Weniger geglückt sind — hinsichtlich der Ausführung — dem bekannten Maler Max Koch die drei Gemälde, mit denen er die Decke des Saales geschmückt hat. Es sind in Ovalform ausgeführte Allegorien. Die erste derselben stellt die drei weltbewegenden Elemente: Kampf, Sieg und Ruhm dar. Man sieht links einen vom siegreichen Kampfe ausruhenden Krieger, dem sich der Genius des Sieges mit einem Lorbeerkranze naht, indes der Genius des Ruhmes umgeben von leier- und harfenspielenden Engeln die Thaten des Helden verkündet. Im Hintergrunde erhebt sich der Engel des Friedens mit dem Palmenzweig in der Rechten. Das zweite Bild verkörpert die Weltgeschichte. Hoch oben im Äther schwebt eine Frauengestalt, die Zeitereignisse in das Buch der Geschichte einträgt. Engel tragen die Blätter dem weiter unten schwebenden Merkur zu, der hier als Symbol des Buchhandels gedacht ist. Links unten schwebt, getragen von der Erdkugel und dem Atlas, eine zweite Frauengestalt, die der Weltgeschichte huldigt: es ist der Buchhandel Leipzigs. Über dem Ganzen erhebt sich ein geflügelter Engel mit einer Fackel in der Rechten: der Genius des leuchtenden Geistes. Wie dieses zweite Bild sich aus dem ersten entwickelt, indem die Weltgeschichte die Thaten der Menschen mit ihrem Griffel verewigt, so ist wiederum das dritte eine Fortsetzung des zweiten; Merkur, der Götterbote, steigt mit den von der Weltgeschichte empfangenen Blättern zur Erde nieder und verbreitet sie, deren Erscheinen durch posaunenblasende Engel verkündigt wird, dort. Volles Lob verdient die originelle Idee des Künstlers in diesen drei Bildern; sie sind mit grosser geistiger Verve und Ursprünglichkeit komponiert und zeugen von der eminenten Schaffenskraft des Malers. Um so bedauernswerter ist es, dass die Ausführung einer gewissen Oberflächlichkeit nicht entbehrt. Dieselbe liegt in der nachlässigen Behandlung der Farben. Von einer Ausarbeitung, einer sorgfältigen Durchbildung des Kolorits ist nirgends die Rede: Licht und Schatten sind skizzenhaft flüchtig zum Ausdruck gebracht. Der Götterbote Merkur auf dem letzten der Bilder sieht in seiner grellen, unschönen braunroten Körperfärbung einem Patagonier verzweifelt ähnlich.“
Willy Doenges, "Die Ausschmückung des Leipziger Buchhändlerhauses", in: Allgemeine Kunst-Chronik, Illustrierte Zeitschrift für Kunst, Kunstgewerbe, Musik, Theater und Litteratur, 17. Bd., Nr. 22, 1. Novemberheft 1893, S. 630-632, Zitat S. 631.

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