Montag, 1. Mai 2017

Ausstellung - Galerie Eduard Schulte, Berlin 1917


Galerie
Eduard Schulte



u. d. Linden 75/76
-------
Vom 12. Mai 1917 ab
Ferdinand Brütt
Gr. Sonderausstellung
-------
Wilh. v. Krausz
"Die Türkei im Kriege"
-------
Kollektionen von
Gust. J. Buchner
Waldemar Coste
Klein - Chevalier
Prof. Max Koch
E. Nikutowski






Gewerbliche Anzeige in: Berliner Tageblatt, 46. Jg., Nr. 242, 13. Mai 1917, Morgen-Ausgabe, S. 23.
Zu dieser Ausstellung erschien auch folgende Besprechung in der Berliner Börsen-Zeitung: 

Schultes Kunstsalon.
    In Schultes Kunstsalon gibt er wieder viel Neues. Neues von ansprechendem Werte und daneben Alles vom Besten. Sowohl der Freund moderner Kunst wie der Sammler kommt auf seine Rechnung. Zwei vorzügliche Böcklins [Arnold Böcklin 1827–1901]: „Tanz um die Bacchussäule" und „Pan". Ich möchte dem „Pan" den Vorzug geben, weil er so frisch und breit gemalt ist und sich in diesem Bilde das Nackte so helleuchtend, flächig mit der Landschaft verbindet, daß wir in ihm besonders deutlich erkennen, wie weit Böcklin noch heute „unser" ist, wie tief er in unsere Zeit hineinragt. Zwei Porträts von Lamorence [Lawrence?] sind ferner ausgestellt, von denen der Männerkopf mehr künstlerisches, das Damenporträt mehr zeitgeschichtliches Interesse beansprucht. Außerdem ein großes prächtiges Tierbild Rich. Burniers [Richard Burnier 1826–1884]. Auch sonstigen alten Bekannten begegnen wir, wie den Münchenern Ludw. von Löfftz [Ludwig von Löfftz 1845–1910] mit einigen kleinen Arbeiten, von Keller [Albert von Keller 1844–1920], den alten Bürkel [Heinrich Bürkel 1802–1869], Courbet [Gustav Courbet 1819–1877], Hoguet [Charles Hoguet 1821–1870], Hans Thoma [1839–1924] u. a. Es ist vielleicht in den gegenwärtigen Ausstellungen die dankbarste Aufgabe, Altes mit Neuem zu vergleichen. Man findet leicht den Abstand trotz vieler Gemeinsamkeiten. Sogar in einer maßvoll gesichteten Umgebung, wie wir sie in der Galerie Schulte gewohnt sind.
    Eine große Sonderausstellung, darunter die Entwürfe zu den Wandgemälden des Bürgersaales im Rathaus zu Frankfurt a. M., wird von Ferd. Brütt [Ferdinand Brütt 1849–1936] gezeigt. Dieser Künstler hat es verstanden, in vielen malerischen Anpassungen, namentlich im Landschaftlichen, mit der Zeit mitzugehen. Aber seine Gemälde bleiben im allzu leicht Empfundenen, Dekorativen haften. Der dekorative Stil der Wandgemälde wiederum steckt noch im matten Milieu-Realismus der siebziger und achtziger Jahre, ohne etwas von der scharfen Struktur und Gliederung moderner Flächeneinteilung angenommen zu haben. Eine Kollektion Porträts von Klein-Chevalier [Friedrich Klein-Chevalier 1861–1938] erquickt durch die große Strichführung und den feinen Ton, der die Buntheit verbindet. Im seelischen Ausdruck steht der Künstler seiner farbenfreudigen Behandlungsweise nicht nach. Mit großer und stark wirkender Einfachheit hat der Zügelschüler Gust. Johs. Buchner [Gustav-Johannes Buchner 1880–1951] seine Landschaften und Figurenbilder angelegt. Urwüchsige Kraft verbindet sich in ihnen mit großzügigem Können und Sehen. Diese an sich angenehme Derbheit geht indessen noch auf Kosten mancher Vertiefungsmöglichkeiten. Vorwiegend sachliches Interesse beansprucht Wilhelm Victor Krausz-Wien [1878–1959] mit einer Sammlung „Die Türkei im Weltkrieg". Es soll nicht gesagt sein, daß dem Künstler ein tüchtiges Können und zusammenfassendes malerisches Anschauen fehlte. Im Gegenteil: treff- und zielsicher weiß er von seinem akademischen Können künstlerisch Gebrauch zu machen. Aber die Sachlichkeit überwiegt bei ihm weit jede persönliche Abstufung, jede psychologische Nuance. Im Mittelpunkte des Interesses stehen die Porträts der deutschen Führer in der Türkei sowie auch die verschiedenartigen Typen türkischer Persönlichkeiten, deren Namen uns während des Krieges vertraut geworden sind. Ihre flotte Auffassung wirkt recht lebendig. Ganz in akademischen Härten, in schulmäßig überlieferten Tönen bleibt Max Koch auf den vorgeführten Landschaften und Blumenstücken stecken, während Erich Müllers [Erich Martin Müller 1888–1972] genreartige Stadtbilder eine außerordentlich lebensfrohe Bodenständigkeit und saftige Farbenfreudigkeit ausdrücken. Ferner ist Hans Herrmann [1858–1942] mit einem soliden Bilde seiner Art „Markttag in Dortrecht" vertreten. Besonders hervorgehoben zu werden verdient Erich Nikutowski [1872–1921] aus Düsseldorf. Sein anspruchsloser, aufs feinfühligste gedämpfter Farbenvortrag, seine von jedem groben Merkmal des Stofflichen losgelöste Liniengebung bieten eine Fülle reizvoller Anklänge, die sich bei näherem Beobachten vertiefen. Sechs Landschaften Walter Leistikows [Walter Leistikow 1865–1908] erscheinen sehr ungleich. Ein märkischer Wald, vor allem eine Flusslandschaft nähern sich der Höhe seiner Kunst, andere hingegen sind voller harter Schwärzen und Bläue. Als Verkaufsobjekte seien noch mehrere Landschaften im romantischen Stil von Schennis [Friedrich von Schennis 1852–1918] und eine ganze Kollektion Kieselscher Porträts [Conrad Kiesel 1846–1921] erwähnt, die ja auch in einem repräsentablen Kunstsalon noch immer nicht umgangen werden zu können scheinen. Diesmal sind es dazu besonders minderwertige, falls die Kieselsche Kunst überhaupt Gradunterschiede zuläßt.
C. B., "Schultes Kunstsalon", in: Berliner Börsen-Zeitung, 62. Jg., Nr. 231, 19. Mai 1917, Morgenausgabe, S. 6.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen