Freitag, 6. August 2021

Entwurf von Wandgemälden für einen Gerichtssaal im Reichsgericht in Leipzig, die nicht ausgeführt wurden.

Der Fries mit den Begriffen Sünde, Strafe, Reue und Vergebung wurden 1898/99 ausgestellt, abgebildet und besprochen (siehe hier), aber erst der Fund des folgenden kurzen Textes mit den beiden Abildungen klärt den Hintergrund für diesen Entwurf, der nicht ausgeführt wurde:
 
Ein dekorativer Fries von Professor M. Koch.
Unter den Entwürfen, die Professor Koch für die Innenräume des Reichgerichtes in Leipzig lieferte, befand sich der oben abgebildete Fries. Leider erwies sich die Ausführung als unmöglich, da es an der betreffenden Wand an dem nöthigen Licht fehlte. Wir glauben der heimischen Kunstpflege einen Dienst zu erweisen, indem wir auf diesen Entwurf hinweisen, der einem ähnlichen öffentlichen Gebäude um seines ernsten Motivs, wie um der virtuosen Raumfüllung willen als künstlerischer Schmuck dienen könnte. Es ist eine Folge von Scenen, die Sünde und Strafe, Reue und Vergebung im Anschluß an die christliche Religionsanschauung verkörpern. Um den Baum der Erkenntniß windet sich, aus Blumen sich aufbäumend, die Schlange. Auf das Schwert gestützt, mit strafend gehobener Hand vertreibt der Engel das erste Menschenpaar, das sich in banger Furcht in die Waldeinsamkeit rettet. Reuig naht sich die Schaar der Büßer dem Erlöser, in dessen Schooß ein jugendlicher Sünder sein Haupt birgt, während ein Engel über ihm das Kreuz erhöht, und über den Regenbogen fort führen die Himmelsboten den Reuigen der göttlichen Vergebung entgegen. Die schön ausklingende Gedankenfolge schließt lückenlos zusammen und erscheint für eine Stätte der Rechtspflege gerade um ihrer versöhnlichen Tendenz willen besonders geeignet. In ruhigen Farbentönen gehalten, in den Konturen scharf umrissen, hält die ganze Komposition die rechte Mitte zwischen selbständiger Darstellung und dekorativem Schmuckstück. Sie wirkt in ihrer korrespondirenden Dreitheilung rhythmisch, ohne in langweilige Symmetrie zu verfallen.

anonym, „Ein dekorativer Fries von Professor M. Koch“, in: Deutsche Kunst, Central-Organ deutscher Kunst- und Künstler-Vereine, 2.Jg., Nr. 7, Berlin 1.1.1898, S. 134. Die beiden Abbildungen jeweils oben auf den Seiten 134 und 135.

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