Montag, 13. Februar 2017

Das neue bromberger Stadttheater.

   "Sechs Jahre waren ins Land gegangen, seitdem das bromberger Stadttheater ein Raub der Flammen geworden war. Wie ein Phönix hat sich das Gebäude nunmehr in schönerer Gestalt wieder erhoben. Die Pläne stammen von dem Baumeister H. Seeling in Berlin; ausgeführt wurde der Bau unter Leitung des bromberger Stadtbauraths Meyer. Daß das neue Theater eine rechte Pflegestätte deutschen Geistes im deutschen Osten zu sein bestimmt ist, davon zeugen schon die Büsten Goethe´s und Schiller´s, die die Front zieren. Aber auch das Innere ist diesem Ziel entsprechend würdig und schön ausgestattet. Der prachtvolle Theatervorhang, ein Werk des Malers Prof. Koch in Berlin, ist eine Stiftung kunstliebender bromberger Bürger; er stellt eine Scene aus „Tanhäuser“ dar und zeigt den Landgrafen von Thüringen mit seiner Nichte Elisabeth, umgeben von seinen Mannen, den Tönen der Sänger lauschend unter einer alten Eiche, im Hintergrund die Wartburg. Ueber ihm sieht man des Kaisers Bild sowie links und rechts zwei blonde Frauengestalten. Fremden- und Kaiserloge werden durch je zwei mächtige Karyatiden (Atlanten) gestützt und von Kuppeln mit Kindergestalten gekrönt. Das Theater hat zwei Balkone, von denen der eine den ersten Rang, der andere den zweiten Rang und die dahinterliegenden Amphitheaterplätze enthält. Die Corridore sind so breit gehalten, daß das Theater durch seine 24 Thüren in wenigen Minuten geleert werden kann. Der Bau besteht nur aus Stein und Eisen, brennbare Stoffe sind nicht verwendet worden. Der Bühnenraum umfaßt vom Kellerraum bis zum Schnürboden 23 Mtr., die Bühnenöffnung ist 8 Mtr. hoch, 16 Mtr. breit und 13½ Mtr. tief. Das elektrisch beleuchtete Innere hat freilich nur 697 numerirte Plätze. Die Leitung des Theaters hat Director Oskar Lange, ein geborener Bromberger, übernommen, ein Mann reich an Erfahrung und erfüllt mit dem besten Willen."
Anonym, "Das neue bromberger Stadttheater", in: Illustrirte Zeitung, Berlin u. Leipzig, Nr. 2846, 110. Bd., 13. Juni 1898, S.50-51, Abb. S. 50.

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