Donnerstag, 6. Oktober 2016

Warenhaus Tietz am Alexanderplatz, Erweiterungsbau


—  Der Erweiterungsbau des Warenhauses Tietz am Alexanderplatz wurde gestern dem öffentlichen Verkehr übergeben. Die neue Front, die sich in einer Länge von etwa 125 Metern in der Alexanderstraße hinzieht, ist wie der ursprüngliche Bau von den Bauräten Cremer und Wolffenstein in grauem Sandstein ausgeführt. Der Mittelbau enthält drei Eingangsbögen und die zu den Treppen führenden Türen. Der Haupteingang mit seitlichen Schaufenstern führt in die mit Bronze bekleidete Vorhalle. Die Front wird belebt durch einen Balkon über der Eingangshalle, hinter dem sich hochstrebende Fenster mit Farbenschmuck befinden. Ueber den Riesenpfeilern des Mittelbaues sind Figuren angebracht, die die vier Jahreszeiten darstellen. Der durchbrochene Kuppelaufsatz mit der Uhr bekrönt den Mittelbau. Dreißig Schaufenster beleben das Straßenbild. Die Ausstattung der Verkaufsräume ist in gediegenstem Material hergestellt. Mit Eiche verkleidete Säulen tragen den Plafond im ersten Stockwerk, der eine Neuheit aufweist; die Decken sind mit einem besonderen Glanzlack gestrichen, die das Tageslicht wie den Schein zahlreicher Kristallkronen widerspiegeln. Den Clou des Hauses bildet der große Teppichsaal, der durch drei Stockwerke ragt und eine meisterhafte Innenarchitektur aufweist. Die Wände und Pfeiler sind in gewachst Nußbaum gehalten und mit Schnitzerei- und Bildhauerarbeiten verziert. Der Bau wird umzogen durch eine in Bronze getriebene Galerie. An den Wänden befinden sich zwei kunstvolle Mosaiken, die die Maschinen- und die Handarbeit darstellen. Ein großes prächtiges Deckengemälde von Max Koch behandelt das Motiv: „Merkur begrüßt die Völker der Erde, die ihre Waren der Berolina darbieten." Ueberraschend wirkt auf den Besucher das riesige Maschinenhaus. Freundlich und hell ist der große Erfrischungsraum gehalten; auch in den Verkaufsräumen hat der Architekt das Hauptgewicht darauf gelegt, trotz der schwierigen Raumverhältnisse dem Tageslicht überall durch riesige Fenster Einlaß zu verschaffen.

Anonyme Mitteilung in:  Berliner Volkszeitung, 56. Jg., Nr. 182, 16. April 1908, Abend-Ausgabe, S. 2.

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