Donnerstag, 10. Dezember 2015

Der Erzengel Michael beschützt Arbeit und Ernte

Der Erzengel Michael beschützt Arbeit und Ernte, Entwurfszeichnung zum großen Mosaik für die Weltausstellung in Paris 1900, Verbleib unbekannt.
Abbildung aus: Berliner Architekturwelt, 3. Jg., 1901, Heft 3, S. 79, Abb. 128.

   "Die deutsche kunstgewerbliche Abteilung hat einen bedeutsamen Schmuck durch ein an der Hauptwand angebrachtes, von der Deutschen Glasmosaikgesellschaft PUHL & WAGNER in Rixdorf ausgeführtes Gemälde erhalten, dessen Entwurf und Karton Professor MAX KOCH in Potsdam geschaffen hat. Unsere Abbildung 129 giebt das sich in leuchtenden Farben von goldenem Grunde abhebende Mosaik wieder, das, 9 Meter in der Breite und 6½ Meter in der Höhe messend, zu den grössten gehört, die bis jetzt in Deutschland ausgeführt worden sind. Nach der Idee des Künstlers soll es die Entwicklung des deutschen Kunstgewerbes unter dem Schütze des einigen Deutschlands darstellen, das durch den Erzengel Michael mit der Friedenspalme versinnlicht wird. Zwei mächtige Eichen zu beiden Seiten des Erzengels breiten ihre Aeste über zwei Gruppen aus, von denen die eine Baukunst und Bauhandwerk, die andere das Kunstgewerbe im Verkehr mit den Käufern darstellt. Auch der Regenbogen, der sich über den drei Bildern spannt, soll ein Symbol des Friedens sein, unter dessen Schutz Kunst und Kunstgewerbe blühen.
   In einem früheren, in manchem Betracht interessanteren Entwurf (Abb. 128) hatte der Künstler den Gedanken, die Segnungen des Friedens in den alten Symbolen der Arbeit und der Ernte zu schildern, allgemeiner gefasst und den Erzengel, der den Frieden schirmt, als „deutschen Michel“ etwas wehrhafter und entschlossener dargestellt. Aber mit Rücksicht auf den besonderen Zweck wurde von den Auftraggebern eine engere Beziehung zum Kunstgewerbe verlangt, die in dem ausgeführten Gemälde auch zum Ausdruck gekommen ist. In zwei kleineren, ebenfalls in Glasmosaik ausgeführten Seitenfeldern hat Max Koch als weitere Vertreter des Kunstgewerbes einen Buchbinder und eine Stickerin dargestellt."
Zitat aus: Berliner Architekturwelt, 3. Jg., 1901, Heft 3, S. 80-82.

Die von den "Auftraggebern" gewünschte Änderung geschah wohl eher aus politischer Rücksicht auf Frankreich. Nach dem für Frankreich verlorenen Deutsch-Französischem Krieg von 1870/71 war anzunehmen, dass die zentrale Gruppe mit dem Erzengel Michael auf dem getöteten Drachen in Paris zwangsläufig mißverstanden werden musste, zumindest als ein symbolisches Nachtreten hätte verstanden werden können. Max Koch hat auf den Einwand hin den Entwurf nicht nur entschärft, sondern sogar in eine aktive Friedensbotschaft umgewandelt. Während im Entwurf, ganz national gedacht, der Erzengel Michael eher den Frieden unter den Eichen im Deutschen Reich schützt, wendet er sich in der als Mosaik ausgeführten Version direkt an den fränzösischen Betrachter und präsentiert ihm mit redender und auch beruhigender Geste die Friedenspalme.

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