Samstag, 15. August 2015

Panorama - Der Brand von Rom unter Nero, 1888 Pressespiegel

Anonym: Denkmäler etc.
    Berlin. An Stelle des Pergamon-Panoramas im Ausstellungspark wird ein neues, in der selben Weise auszuführendes, Gemälde "Der Brand von Rom" treten. Die Ausführung ist den Malern Max Koch und Georg Koch übertragen. Das neue Panorama soll gleichzeitig mit dem am 15. Juli d. J. bevorstehenden Beginn der akademischen Kunstausstellung eröffnet werden.

Zitat, in: Die Kunst für Alle, 3. Jg., Heft 14, 15. April 1888,  S. 224.

Anonym: Kleine Mitteilungen 
   Das neue Panoramabild im Olympia-Tempel des Ausstellungsparkes von Berlin nähert sich seiner Vollendung und lässt schon jetzt erkennen, dass seine künftige Wirkung eine ausserordentliche sein wird. Bekanntlich stellt es die furchbare Feuersbrunst dar, welche unter Nero im Jahre 64 nach Chr. die Stadt Rom in sechstägigem Wüthen einäscherte. Es wird für die Panorama-Gesellschaft von den Malern Max und Georg Koch unter thätiger Beihülfe der Herren Hellgreve, Herwart und Mirkowsky gemalt. Die Künstler werden, ihrem Abkommen gemäss, das Bild selbst bis zum 1. Mai d. J. fertig stellen. Dann wird der Aufbau des plastischen Vordergrundes mit aller Kraft betrieben werden, sodass die Eröffnung vermuthlich in der ersten Hälfte des Monats wird erfolgen können. Man beabsichtigt die Illusion dadurch zu steigern, dass aus den Trümmern im Vordergunde künstlicher Rauch aufsteigen soll, der sowohl die Seh- wie die Geruchsnerven der Zuschauer von der Wirklichkeit des Schauspiels überzeugen wird. – Wir werden unseren Lesern in der Folge weiteres darüber berichten.
In: Blätter für Architektur und Kunsthandwerk, 1. Jg., Nr. 1, Berlin, 1. Mai 1888, S. 8-10, Zitat S. 9f.

 A.R., Zwei neue Panoramagemälde
   Das zweite Schaustück ist eigentlich nur ein Halbrundbild und als Ersatz der Ansicht von Pergamon für den Zeustempel im Ausstellungspark nach einer Komposition von Max Koch von diesem, seinem Bruder Georg Koch und einigen anderen jüngeren Malern ausgeführt worden. Es stellt den Brand Roms unter Nero im Jahre 64 n. Chr. dar. Als Standpunkt des Beschauers ist der Circus maximus gedacht, so daß der Blick von rechts nach links in weitem Bogen den Teil der ewigen Stadt von den Kaiserpalästen auf dem Palatin bis zum Ponte rotto und dem sog. Tempel der Vesta und jenseits des Tiber bis zu den Vorstädten umfaßt. In Bezug auf die Rekonstruktion der Kaiserpaläste haben die Künstler bei dem Mangel an Resten ihre Phantasie frei walten lassen, im übrigen aber reiche archäologische Kenntnisse entfaltet, welche besonders der Rekonstruktion der Bauten auf dem Kapitol, dem Theater des Marcellus, dem Portikus der Julia u. a. zu gute gekommen sind. Auf einer Terrasse seines Palastes steht Nero, umgeben von seiner Wache und seinem Troß, und blickt auf die Glut, welche sich nach dem Kapitol zu wälzt und den mittleren Teil des Bildes mit gewaltigen Rauchwolken erfüllt, zu welchen das kühle Morgenlicht, das die an den Tiberufern liegenden Häusermassen erhellt, einen ungemein wirksamen Kontrast bildet. Von großer Wirkung ist auch die lebendige Staffage des Bildes: rechts das lebhafte Treiben auf den Treppen und in den Hallen des Kaiserpalastes, tief unten, zu den Füßen des Beschauers in der Mitte, das wilde Getümmel der Flüchtenden, das verzweifelte Gebaren der auf den Dächern der Häuser zusammengedrängten Menschen. Wie üblich, ist durch plastische Vorbaute, welche geschickt mit der Leinwand verbunden sind, die Illusion der Wirklichkeit gefördert worden.
Zitat, in: Kunstchronik, Bd. 23, Heft 34, 31. Mai 1888, S. 545f.

Anonym: Ausstellungen, Sammlungen etc.
   Im Berliner Ausstellungspark wurde am 13. Mai das von den Malern Max und Georg Koch zum Ersatz des Pergamonpanoramas gemalte kolossale Halbrundgemälde "Der Brand von Rom unter Nero" dem Publikum zugänglich gemacht.
Zitat, in: Die Kunst für Alle, 3. Jg., Heft 17, 1. Juni 1888,  S. 273.

August Schmidt: Führer durch das Panorama des Brandes von Rom unter dem Kaiser Nero, Berlin 1890. Text HIER.

Otto Richter: Der Brand von Rom unter Nero im Panorama des Ausstellungsparks zu Berlin.
   Wie alle Panoramen, die wir in den letzten Jahren zu sehen bekommen haben, tritt auch das neueste Rundbild im Berliner Ausstellungspark „Der Brand von Rom unter dem Kaiser Nero" mit dem Anspruche auf, den geschilderten Gegenstand mit historischer Treue zur Anschauung zu bringen. Auf Seite 13 des von Herrn Dr. Aug. Schmidt verfassten Führers werden wir versichert, dass „die ausführenden Künstler bestrebt gewesen sind, mit gewissenhafter Benutzung der Forschungen von Bunsen und Canina und nach Studien, die sie an Ort und Stelle anstellten, ein Bild des alten Rom zur Zeit des Kaisers Nero hervorzuzaubern, welches malerische Wirkung mit archäologischer Genauigkeit nach Möglichkeit zu verbinden suchte, und nach den Schilderungen gleichzeitiger (?) Schriftsteller, namentlich des Tacitus, den Brand der Stadt mit historischer Treue zur Anschauung zu bringen, ohne der Freiheit künstlerischer Behandlung und der schöpferischen Thätigkeit der Phantasie, insbesondere an den Stellen, wo uns die Ueberlieferung im Stiche lässt, ihr gutes Recht zu verkümmern" – Worte, die nicht verfehlt haben, ein gutes Vorurtheil für die historische Zuverlässigkeit des Gemäldes zu erwecken, wie das unter anderem auch aus den Kritiken desselben, soweit sie mir zu Gesicht gekommen sind, hervorgeht. In eine erneute Besprechung des Panoramas einzutreten, die sich im wesentlichen auf die Beurtheilung der historischen Treue desselben beschränkt, veranlasst mich der Gegenstand selbst. Es ist nicht nur für den Künstler, sondern auch für den Gelehrten und den Alterthumsfreund ein ganz besonderer Genuss in einem einzigen Bilde gewissermassen verkörpert das Resultat vielhundertjähriger Forschung vor sich zu sehen, ein nicht geringerer, nachzuforschen, in welchem Maasse den Männern, die sich zu künstlerischen Interpreten des jetzigen Standes unserer Kenntniss vom antiken Rom gemacht haben, ihr Vorhaben geglückt ist.
   Das Panorama gliedert sich in drei Theile. Die Mitte des Ganzen nimmt das Capitol mit seinen Tempeln ein, an der rechten Seite erblicken wir die Paläste des Palatin, an der linken den Tiber, die Tiberinsel, das jenseits des Flusses liegende Stadtgebiet Trastevere und die den Westen Roms begrenzenden Berge, das Janiculum und den Monte Mario. Zwischen Capitol und Palatin erblicken wir die Gebäude der Südseite des Forums (dieses selbst ist nicht sichtbar), zwischen Capitol und Tiber die beiden Theater des Marcellus und Balbus. Der Vordergrund ist durch die zwischen Palatin, Capitol und Tiber sich ausbreitenden Strassen, Plätze (Velabrum, Forum Boarium) etc. ausgefüllt. Der Beschauer steht also südlich vom Capitol und blickt nach Norden. Von diesem Standpunkte aus sieht man, wie der Brand, von Osten nach Westen fortschreitend, die hinter dem Palatin und dem Forum befindlichen Stadttheile ergriffen hat, namentlich auch die östlich vom Forum gelegenen Gebäude zu Füssen des Palatin. Auch das Forum selbst steht schon theilweise in Flammen, die Basilica Julia brennt lichterloh. Die Gluth beleuchtet grell die Tempel des Capitols und die Heftigkeit des Windes lässt uns das demnächstige Geschick derselben voraussehen. Auch im Vordergrunde, südlich und westlich vom Capitol, tobt die Feuersbrunst. Einen drastischen Gegensatz dazu macht der Palatin mit seinen Palästen; er ist offenbar vor dem Feuer absolut sicher, wenigstens sehen wir in einer Säulenhalle daselbst eine sehr animirte Zechgesellschaft, für die es gar keinen Brand zu geben scheint; dort befindet sich auch Nero, von hohem Altane über das Feuermeer blickend, um ihn sein Hof, Kriegsleute u. A. m.
   Es mögen malerische Gründe gewesen sein, die die Künstler veranlasst haben, dieses Bild des brennenden Roms zu entwerfen, aber von der zugesagten „historischen Treue nach der Schilderung des Tacitus" ist in dieser Darstellung nicht die Spur. Gerade der Theil Roms, der hier als ein Asyl inmitten des furchtbaren Brandes geschildert wird, der Palatin, wurde in Wirklichkeit ein Raub der Flammen. Tacitus berichtet, dass Nero, der den Ausbruch des Brandes in Antium erfuhr, nicht eher nach Rom zurückkehrte, als bis ihm gemeldet wurde, dass das Feuer sich seinem Palast nähere, und fügt ausdrücklich hinzu, dass das Palatium nebst der ganzen Umgebung ein Raub der Flammen wurde. Sueton, unser zweitwichtigster Gewährsmann berichtet – und an der Glaubwürdigkeit dieser Nachricht ist doch wohl nicht zu zweifeln –, dass Nero von dem auf dem Esquilin gelegenen Palaste des Maecenas aus dem Brande zugeschaut habe, der sich von der Gegend des Palatin und des Circus Maximus her gerade in umgekehrter Richtung, als das Panorama ihn schildert, nach Osten zu bewegte. Nicht minder willkürlich ist die Annahme von dem Brande der Basilica Julia. Es ist hinlänglich bekannt, dass weder das Forum noch das Capitol von dem Neronischen Brande berührt worden sind. Warum also diese in allen Punkten falsche Darstellung? Warum – fragen wir vor allem – die Nichtachtung der Nachricht, dass Nero dem Brande vom Palaste des Maecenas aus zugeschaut habe? Horaz sagt in einer seiner schönsten Oden, dass man von diesem Palaste aus nach Westen gewandt ganz Rom zu seinen Füssen gesehen habe, nach der anderen Seite die Campagna bis zu den Albaner- und Sabinerbergen. Ich dächte, hier läge für den Künstler ein deutlicher Fingerzeig, wie der Brand Roms unter Nero darzustellen sei, und welch' ergreifenden Vordergrund lieferte nicht Tacitus Nachricht, Nero habe die den Palast des Maecenas umgebenden Gärten den Fliehenden öffnen lassen!
   Auch im Einzelnen zeigt sich vielfach Mangel an historischer Treue. Am besten gelungen sind die Tempel am Forum, sowie die Basilica Julia und das Tabularium, sie verrathen genaues Studium der Ueberreste. Dagegen macht das Capitol einen Eindruck, der der Wirklichkeit nicht entspricht. Die auf demselben befindlichen Tempel sehen aus als seien sie sämmtlich an einem und demselben, noch nicht allzuweit zurückliegenden Tage fertig geworden; alles strahlt im Glanze blendenden Marmors und namentlich der Jupitertempel zeichnet sich durch eine das Auge fesselnde Pracht aus. Es hätte doch nicht vergessen werden dürfen, dass dieser Tempel, der von Sulla begonnen und von Catulus vollendet und dedicirt war, in den Tagen des Neronischen Brandes ungefähr 140 Jahre stand, also sicher die Spuren des Alters zeigte, ausserdem aber in einer Zeit erbaut war, wo man in Rom Marmorbekleidung in der hier angenommenen Ausdehnung sicher noch nicht verwendete. Auch die Säulen, wenn sie wirklich dorisch waren, wie die Künstler nach der Münze bei Cohen Cons. T. XXX. Pet. l. 2. mit Recht angenommen haben, waren nicht die ursprünglich von Sulla für den Tempel bestimmten Säulen vom Olympieion in Athen, also auch schwerlich von Marmor. Nach Tacitus waren das Gebälk und die Adler, die das Dach trugen, von Holz. Das sieht denn doch alles anders aus, als dieser feenhaft anzuschauende Marmorbau, der allenfalls für den nachmals erbauten Tempel des Domitian gelten könnte. Am seltsamsten aber nimmt sich auf demselben die Weihinschrift aus, nach der der Tempel von M. Horatius Pulvillus geweiht ist, d. h. dem Konsul des Jahres 509 v. Chr., der den allerersten, zu Sulla's Zeit abgebrannten Tempel dedizirte! Man sollte meinen, dass es nicht zu schwer sei, über diese Dinge sich Aufklärung zu verschaffen. Aber auch in anderen Fällen haben die Künstler es verschmäht, sich Raths zu erholen. So wird ein Gebäude in unmittelbarer Nähe des Jupitertempels als Schatzhaus bezeichnet, ein hinter dem Castortempel am Forum stehendes als Bibliothek; beide existiren nicht und sind von der neueren Forschung längst abgethan. Ebenso falsch ist die Bezeichnung des westlich von der Basilica Julia liegenden Saturntempels als Tempel der Fortuna, und des Rundtempels zu Füssen des Palatin (S. Teodoro) als Vestatempel. Es ist räthselhaft, wie die Künstler auf diese nun seit Jahren schon selbst aus den Reisehandbüchern ausgemerzten verkehrten Bezeichnungen wieder gekommen sind. Der Führer verbessert stillschweigend einige von diesen falschen, im Panoramaraum angeschriebenen Benennungen, aber gerade diese Inkonsequenz muss das Laienpublikum irre machen, zumal wenn die Korrekturen so flüchtig sind, dass der Saturntempel an die Nordwestecke statt an die Südwestecke des Forums gesetzt wird (S. 23).
   Der Palatin und seine Paläste gehören mit zu den Parthien des Panoramas, in denen die Künstler mit Recht die Freiheit künstlerischer Behandlung und der schöpferischen Thätigkeit der Phantasie in Anspruch nahmen, denn für beides lassen die erhaltenen Fundamente den weitesten Spielraum. Nur ein Bauwerk scheint historische Geltung für sich in Anspruch zu nehmen. Ein auf der Höhe des Hügels befindlicher Tempel wird auf dem Panorama als „alter etruskischer Tempel" bezeichnet, in dem Führer als „der vom Kaiser Augustus erbaute Apollotempel". Was sich die Künstler unter ersterer Bezeichnung denken, ist nicht klar. Alt sieht der Tempel, nebenbei gesagt, auch nicht aus, sondern recht neu, wie überhaupt sämmtliche auf dem Palatin dargestellten Gebäude. Der Apollotempel aber kann er überhaupt nicht sein. Denn gerade von diesem Tempel mit seinem säulenumgebenen Vorhof, in dessen Mitte die Kolossalstatue des Augustus in der Gestalt des Apollo stand, haben wir eine ganz genaue Beschreibung, auf die der dargestellte Tempel absolut nicht passt, auch lag der Tempel nachgewiesener Maassen an einer vom Standpunkte des Beschauers nicht sichtbaren Stelle. Also auch hier stehen wir vor einem Räthsel. In Bezug auf die Architektur der Palatinbauten möchte ich zwei Fragen an die Künstler richten: l. Ob sie in der That glauben, dass antike Ziegelmauern, speziell die Ziegelmauern des Palatin, jemals in Wirklichkeit unverkleidet zu Tage gelegen haben, wie sie es darstellen; und 2. ob sie jemals an antiken Bauwerken solche schräg gegen den Berg sich lehnenden Fundamente wahrgenommen haben, wie sie an der Nordwestecke des Palatin darstellen? Ich kenne keine.
   Nicht frei von historischen Bedenken ist auch der Vordergrund des Bildes. Dort erblicken wir zwischen Capitol und Tiber die Reste der alten Serviusmauer. Von dieser Mauer war aber damals längst keine Spur mehr vorhanden. Wir müssen doch wohl dem Dionysius glauben, der schon für die Zeit des Augustus bezeugt, die Mauer sei unter und hinter den angebauten Häusern so verschwunden, dass man sie kaum noch nachweisen könne. Freistehende, ruinenhafte Reste derselben aber sind zumal an der Stelle, um die es sich handelt, genau so unwahrscheinlich, als wollte ein Künstler der Folgezeit in einem Panorama von Berlin ein Stück alter Stadtmauer in die Königgrätzer Strasse setzen. Ausserdem haben die Künstler sich nicht klar gemacht, wie wohl die Servianische Mauer und deren Thore ausgesehen, haben können. Anhaltspunkte giebt es doch genug dafür. Hier aber haben wir Reste eines Baus, der allenfalls der spätesten römischen Kaiserzeit, nicht aber jener uralten Zeit des Servianischen Mauerbaus entstammt sein kann. Vor Allem entsprechen die Stadtthorc dem wohlbekannten antiken Typus absolut nicht. – Am allerwenigsten aber entspricht dem Charakter der Stadt, wie wir sie uns zur Neronischen Zeit zu denken haben, der Vordergrund des Panoramas. Wir wollen mit den Künstlern nicht rechten über die Form der Häuser und ihre seltsam phantastische Färbung; dies ist ein Gebiet, wo man ihnen freie Hand lassen darf, denn wir wissen schlechterdings nicht, wie ein wohlerhaltenes antikes Haus ausgesehen hat; aber rechten können wir mit ihnen über das vollständige Verfehlen des Charakters dieser Stadtgegend. Zu Füssen des Beschauers liegt ein Quartier, das in Wirklichkeit etwa den engsten Theilen der alten Berliner Königstadt entspricht, voller Gewerbthätigkeit und Handel, ein Quartier mit langen Reihen hoher Mietshäuser, die an engen Strassen liegen, dazwischen Kornspeicher und Kaufhallen, Märkte für Getreide- und Viehhandel, kurz ein Quartier, in dem jeder Winkel für den Verkehr ausgenutzt ist; – in dem Panorama dagegen fallt der Blick zwischen bunt durcheinander gestellten Häusern auf eine sich aufwärts (wohin?) ziehende Strasse mit entsetzlichem Pflaster, eingefasst von steinernen Gartenmauern, zur Seite eine einsame Kapelle mit der fast typisch gewordenen Cypresse, hinter den Mauern kleine, einstöckige Häuschen mit Schänken, umgeben von Gärtchen, aufgespannte Zeltdächer, interessante Hintertreppchen, die auf´s flache Dach führen, Weinlauben, kurz ein Idyll aus Anacapri oder dem Albanergebirge oder Olevano, oder aus der römischen Campagne, und dies an einer Stelle, wo es geradezu eine Absurdität ist.
   Ich glaube, dass (abgesehen natürlich von dem verfehlten Plan des Bildes) unter diesen Ausstellungen nicht eine ist, die nicht mit geringer Mühe hatte beseitigt werden können, ebenso andere, die ich hier nur zum Theil andeute. So fehlt neben dem Pons Aemilius der für Rom so charakteristische Pons sublicius, ebenso die charakteristische Ummauerung der Tiberinsel, die die Form eines Schiffes halte. Das jenseits des Tiber liegende Gebiet ist viel zu ausgedehnt; erst in Constantins Zeit, also 250 Jahre später, wurde dieser Stadttheil etwa so gross, wie er auf dem Panorama erscheint. – Es wäre nach alledem wohl nicht unpraktisch gewesen, wenn die Künstler des „Brandes von Rom unter Nero" neben den auf S. 13 des „Führers" genannten .schützbaren Malern und Architekten auch sachverständige Archäologen zu Rath gezogen hätten.
In: Blätter für Architektur und Kunsthandwerk, 1. Jg., Nr. 8, Berlin, 16. August 1888, S. 81-83.

Anonym: Der Brand von Rom unter dem Kaiser Nero.
   In den Blättern für Architektur und Kunsthandwerk (1883, No. 8) veröffentlicht O. Richter eine sehr lehrreiche Kritik des Panoramas im Ausstellungsparke zu Berlin, welcher wir folgende Darstellung des Brandes selbst und damit zusammenhängende Fragen entnehmen: Es mögen malerische Gründe gewesen sein, die die Künstler veranlaßt haben, dieses Bild des brennenden Roms zu entwerfen, aber von der zugesagten „historischen Treue nach der Schilderung des Tacitus“ ist in dieser Darstellung nicht die Spur. Grade der Teil Roms, der hier als ein Asyl inmitten des furchtbaren Brandes geschildert wird, der Palatin, wurde in Wirklichkeit ein Raub der Flammen. Tacitus berichtet, daß Nero, der den Ausbruch des Brandes in Antium erfuhr, nicht eher nach Rom zurückkehrte, als bis ihm gemeldet wurde, daß das Feuer sich seinem Palast nähere, und fügt ausdrücklich hinzu, daß das Palatium nebst der ganzen Umgebung ein Raub der Flammen wurde. Sueton, unser zweitwichtigster Gewährsmann berichtet – und an der Glaubwürdigkeit dieser Nachricht ist doch wohl nicht zu zweifeln – , daß Nero von dem auf dem Esquilin gelegenen Palaste des Mäcenas aus dem Brande zugeschaut habe, der sich von der Gegend des Palatin und des Cirkus Maximus her gerade in umgekehrter Richtung, als das Panorama ihn schildert, nach Osten zu bewegte. Nicht minder willkürlich ist die Annahme von dem Brande der Basilika Julia. Es ist hinlänglich bekannt, daß weder das Forum noch das Kapitol von dem Neronischen Brande berührt worden sind. Warum also diese in allen Punkten falsche Darstellung? Warum – fragen wir vor allem – die Nichtachtung der Nachricht, daß Nero dem Brand vom Palaste des Mäcenas aus zugeschaut habe? Horaz sagt in einer seiner schönsten Oden, daß man von diesem Palaste aus nach Westen gewandt ganz Rom zu seinen Füßen gesehen habe, nach der andern Seite die Campagna bis zu den Albaner- und Sabinerbergen. Ich dächte, hier läge für den Künstler ein deutlicher Fingerzeig, wie der Brand Roms unter Nero darzustellen sei, und welch ergreifenden Vordergrund lieferte nicht Tacitus Nachricht, Nero habe die den Palast des Mäcenas umgebenden Gärten den Fliehenden öffnen lassen.
   Auch im einzelnen zeigt sich vielfach Mangel an historischer Treue. Am besten gelungen sind die Tempel am Forum, sowie die Basilika Julia und das Tabularium, sie verraten genaues Studium der Überreste. Dagegen macht das Kapitol einen Eindruck, der der Wirklichkeit nicht entspricht. Die auf demselben befindlichen Tempel sehen aus, als seien sie sämtlich an einem und demselben, noch nicht allzuweit zurückliegenden Tage fertig geworden; alles strahlt im Glanze blendenden Marmors, und namentlich der Jupitertempel zeichnet sich durch eine das Auge fesselnde Pracht aus. Es hätte doch nicht vergessen werden dürfen, daß dieser Tempel, der von Sulla begonnen und von Catulus vollendet und dediziert war, in den Tagen des Neronischen Brandes ungefähr 140 Jahre stand, also sicher die Spuren des Alters zeigte, außerdem aber in einer Zeit erbaut war, wo man in Rom Marmorbekleidung in der hier angenommenen Ausdehnung sicher noch nicht verwendete. Auch die Säulen, wenn sie wirklich dorisch waren, wie die Künstler nach der Münze hei Cohen Cons. T. XXX. Pet. 1. 2. mit Recht angenommen haben, waren nicht die ursprünglich von Sulla für den Tempel bestimmten Säulen vom Olympieion in Athen, also auch schwerlich von Marmor. Nach Tacitus waren das Gebälk und die Adler, die das Dach trugen, von Holz. Das sieht denn doch alles anders aus, als dieser feenhaft anzuschauende Marmorbau, der allenfalls für den nachmals erbauten Tempel des Domitian gelten könnte. Am seltsamsten aber nimmt sich auf demselben die Weihinschrift aus, nach der der Tempel von M. Horatius Pulvillus geweiht ist, d. h. dem Konsul des Jahres 509 v. Chr. der den allerersten, zu Sullas Zeit abgebrannten Tempel dedizierte!
   Der Palatin und seine Paläste gehören mit zu den Partien des Panoramas, in denen die Künstler mit Recht die Freiheit künstlerischer Behandlung und der schöpferischen Thätigkeit der Phantasie in Ansprach nahmen, denn für beides lassen die erhaltenen Fundamente den weitesten Spielraum. In bezug auf die Architektur der Palatinbauten möchte ich zwei Fragen an die Künstler richten: 1. ob sie in der That glauben, daß antike Ziegelmauern, speziell die Ziegelmauern des Palatin, jemals in Wirklichkeit unverkleidet zu Tage gelegen haben, wie sie es darstellen; und 2. ob sie jemals an antiken Bauwerken solche schräg gegen den Berg sich lehnenden Fundamente wahrgenommen haben, wie sie an der Nordwestecke des Palatin darstellen? Ich kenne keine.
   Nicht frei von historischen Bedenken ist auch der Vordergrund des Bildes. Dort erblicken wir zwischen Kapitol und Tiber die Reste der alten Serviusmauer. Von dieser Mauer war aber damals längst keine Spur mehr vorhanden. Wir müssen doch wohl dem Dionysius glauben, der schon für die Zeit des Augustus bezeugt, die Mauer sei unter und hinter den angebauten Häusern so verschwunden, daß man sie kaum noch nachweisen könne. – Am allerwenigsten aber entspricht dem Charakter der Stadt, wie wir sie uns zur Neronischen Zeit zu denken haben, der Vordergrund des Panoramas. Wir wollen mit den Künstlern nicht rechten über die Form der Häuser und ihre seltsam phantastische Färbung; dies ist ein Gebiet, wo man ihnen freie Hand lassen darf, denn wir wissen schlechterdings nicht, wie ein wohlerhaltenes antikes Haus ausgesehen hat; aber rechten können wir mit ihnen über das vollständige Verfehlen des Charakters dieser Stadtgegend. Zu Füssen des Beschauers liegt ein Quartier, das in Wirklichkeit etwa den engsten Teilen der alten Berliner Königstadt entspricht, voller Gewerbthätigkeit und Handel, ein Quartier mit langen Reihen hoher Mietshäuser, die an engen Strassen liegen, dazwischen Kornspeicher und Kaufhallen, Märkte für Getreide- und Viehhandel, kurz ein Quartier, in dem jeder Winkel für den Verkehr ausgenutzt ist; in dem Panorama dagegen fällt der Blick zwischen bunt durcheinander gestellten Häusern auf eine sich aufwärts (wohin?) ziehende Strasse mit entsetzlichem Pflaster, eingefaßt von steinernen Gartenmauern zur Seite eine einsame Kapelle mit der fast typisch gewordenen Cypresse, hinter den Mauern kleine, einstöckige Häuschen mit Schänken, umgeben von Gärtchen, aufgespannte Zeltdächer, interessante Hintertreppchen, die aufs flache Dach führen, Weinlauben, kurz ein Idyll aus Anacapri oder dem Albanergebirge oder Olevano, oder aus der römischen Campagna, und dies an einer Stelle, wo es geradezu eine Absurdität ist.
   Ich glaube, daß (abgesehen natürlich von dem verfehlten Plan des Bildes) unter diesen Ausstellungen nicht eine ist, die nicht mit geringer Mühe hätte beseitigt werden können, ebenso andere, die ich hier nur zum Teil andeute. So fehlt neben dem Pons Aemilius der für Rom so charakteristische Pons sublicius, ebenso die charakteristische Ummauerung der Tiberinsel, die die Form eines Schiffes hatte. Das jenseits des Tiber liegende Gebiet ist viel zu ausgedehnt; erst in Konstantins Zeit, also 250 Jahre später, wurde dieser Stadtteil etwa so groß, wie er auf dem Panorama erscheint.
In: Berliner Philologische Wochenschrift, 8. Jg., Nr. 49, 8. Dez. 1888, S. 1522-1524.

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